
Die Reform des Sexualstrafrechts im November 2016 hat zu einer generellen Ausweitung der Strafbarkeit im Bereich des Sexualstrafrechts geführt. Die Straftatbestände gehen nun von sexueller Belästigung durch Anfassen, sexuellem Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen bis zu den schweren Fällen der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung. Auch in den Bereichen der Straftatbestände wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornographischen oder jugendpornographischen Schriften wurden die Strafandrohungen verschärft. Bei fast allen Verurteilungen wegen einer Sexualstraftat erfolgt eine Eintragung in das polizeiliche Führungszeugnis, auch bei einer Strafe von bis zu 90 Tagessätzen Geldstrafe oder bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe.
Menschen, in der Regel sind das Männer, denen eine Sexualstraftat vorgeworfen wird, stehen unter einem großen öffentlichen Druck. Bei Bekanntwerden solche Vorwürfe kann es passieren, dass eine undifferenzierte Vorverurteilung durch Familie, Bekanntenkreis und Arbeitskollegen erfolgt. Dies obwohl in solchen Verfahren meist eine Aussage – gegen – Aussage-Konstellation vorliegt, d.h. außer dem sogenannten Opfer und dem Beschuldigten gibt es keine Zeugen oder weitere Beweismittel, die die Aussage des Opfers untermauern könnten. Häufig erfolgen Anzeigen in Trennungssituationen nach gescheiterten Beziehungen. In diesen Fällen gehen die Strafverfolgungsbehörden davon aus, dass über 50 % der Anzeigen falsche Belastungen sind.
Die Ermittlungsbehörden setzen auch in den sozialen Netzwerken zwischenzeitlich verdeckte Ermittler ein, die sich als Kinder oder Jugendliche ausgeben, um mit Beschuldigten in Kontakt zu kommen. Verdeckte Ermittler ermitteln auch unter falschen Identitäten im Darknet in Foren oder Plattformen, die Zugang zu kinderpornographischen und jugendpornographischen Bildern bieten.
Schon allein die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs einer Sexualstraftat kann für die Betroffenen zur Zerstörung ihrer Existenz führen. Die Staatsanwaltschaften informieren Arbeitgeber, wenn der Beruf des Betroffenen in Bezug zur Straftat steht oder das Jugendamt, wenn die Betroffenen selber Kinder haben. Eine Verurteilung wegen eines Sexualdelikts kann auch beruflich weitreichende Folgen haben.
Gerade beim Vorwurf eines Sexualdelikts ist es unbedingt erforderlich, dass sich die Betroffenen sofort einen/eine Verteidiger/in suchen. Hier ist von Beginn des Verfahrens an anwaltlicher Rat dringend geboten. Keinesfalls sollte ein solcher Vorwurf auf die leichte Schulter genommen werden und es müssen unvorsichtige Angaben gegenüber der Polizei unbedingt vermieden werden.
Leider reagieren auch Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die keine Erfahrung mit Verteidigung in Sexualstrafverfahren haben, bei diesen Vorwürfen häufig mit einer Vorverurteilung der Betroffenen. Dabei ist gerade in diesem Verfahren besonders wichtig, den Beschuldigten ohne Vorurteile und offen zu begegnen, weil nur bei einem bestehenden Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger/Verteidigerin und Beschuldigtem die richtige Strategie für die Verteidigung gefunden werden kann.
Aufgrund meiner Erfahrungen als Verteidigerin in Sexualstrafverfahren habe ich persönlich die Entscheidung getroffen, dass ich ausschließlich als Verteidigerin tätig bin und keine Opfer in Strafverfahren vertrete. Ich lehne daher Mandate als Zeugenbeistand oder Nebenklagevertreterin ab.